Operationstechnik
Eine Kreuzbandersatz-OP umfasst das Ausspiegeln des Kniegelenkes und den minimal invasiven Ersatz des Kreuzbandes durch Kniekehlensehnen, wie Semitendinosussehne (STS) und wenn nötig Gracilissehne (STGS) oder einem Drittel der Kniescheibensehne (Patellarsehne) mit anhängenden Knochenblöckchen aus der Kniescheibe und dem Unterschenkel, auch BTB-Plastik genannt (Bone-Tendon-Bone-Plastik, Bone = Knochen, Tendon = Sehne). In derselben Sitzung kann die Glättung, Entfernung oder Naht geschädigter Meniskusanteile oder die Behandlung von Knorpelschäden erfolgen. In seltenen Fällen, bei optimaler häuslicher Versorgung, kann die Operation auf Wunsch ambulant durchgeführt werden. Normalerweise ist ein Krankenhausaufenthalt von drei bis fünf Tagen erforderlich.
Detaillierte Informationen
Das Kniegelenk ist das größte Gelenk des Menschen; es wird gebildet vom Oberschenkel, Unterschenkel und von der Kniescheibe, die jeweils von einer Knorpelschicht überzogen sind. Das elastische Meniskusgewebe liegt zur Vergrößerung der Auflagefläche und Kraftübertragung zwischen den Gleitflächen von Ober- und Unterschenkel.
Vorderes und hinteres Kreuzband sowie die Seitenbänder sichern wesentlich die Stabilität des Gelenkes. Eine Schädigung der Kniebinnenstrukturen führt bei gleich bleibender Belastung in der Regel zu vorzeitigem Gelenkverschleiß, der so genannten Arthrose. In den letzten Jahren ist eine deutliche Zunahme von Kapselbandläsionen des Kniegelenkes festzustellen (laut einer Schweizer Unfallstatistik circa 60 bis 80 Personen pro 100 000 Einwohner). Oft sind Sportunfälle für die Kniebandverletzungen verantwortlich, in erster Linie Ski, dann Fußball, Baseball, Football, Basketball. Die häufigste Bandverletzung ist die vordere Kreuzbandverletzung mit 47,6 Prozent, danach folgen die isolierte Verletzung des Innenbands und dann der vordere Kreuzbandriss kombiniert mit einem Riss des Innenbands.
Die Patienten beschreiben in der Regel ein Gefühl der Instabilität oder des "Ausrenkens" und die meisten hören oder fühlen ein Krachen bei der Verletzung. Nach der Verletzung kann der Patient typischerweise nicht weiter seiner Sportart nachgehen und das Kniegelenk schwillt oft innerhalb kurzer Zeit an (Schwellung durch Meniskusläsion oder Arthroseüberlastung braucht meist ein bis zwei Tage). Manchmal schwillt das Knie so stark an, dass es punktiert werden muss. Blutiges Punktat erhärtet dann die Verdachtsdiagnose.Die Diagnose wird meist klinisch in der manuellen Untersuchung gestellt, in unklaren Fällen hilft eine Kernspintomographie die Verdachtsdiagnose zu bestätigen und eventuelle Begleitverletzungen zu zeigen.
Wann ist eine Operation angezeigt?
Das vordere Kreuzband (VKB) stabilisiert den Unterschenkel gegen Verschiebung nach vorne, das hintere Kreuzband stabilisiert nach hinten. Das Fehlen (Riss des Kreuzbandes) verursacht eine Instabilität (Wackelknie).Diese Instabilität führt schon beim normalen Gehen zu unnormalen Verschiebebewegungen, welche auf Dauer zu einem vermehrten Verschleiß führen. Noch ungünstiger sind Verschiebebewegungen, welche insbesondere unter sportlichen Belastungen zu einem Wegknicken des Knies (giving way) führen.Die Folge ist eine Schädigung weiterer wichtiger Strukturen des Kniegelenkes wie Meniskus, Seitenbänder und Knorpeloberfläche mit dem Ergebnis einer geringeren Belastbarkeit und zunehmender Arthrose auch schon bei jüngeren Menschen.In der Regel sollte deshalb das vordere Kreuzband ersetzt werden. Beim frischen Riss des hinteren Kreuzbandes wird meist zunächst eine aufwändige konservative Therapie mit speziellen Schienen durchgeführt. Im Gegensatz zum vorderen Kreuzband heilt bei entsprechender konservativer Therapie ein einfacher hinterer Kreuzbandriss ohne wesentliche Restinstabilität aus.
Wie wird die Operation ausgeführt?
Der Eingriff erfolgt in Teil- oder Vollnarkose und ist weitgehend unblutig. Im Gegensatz zur teilweise noch immer üblichen großen Eröffnung des Kniegelenkes wenden wir die arthroskopische Operationsmethode ganz konsequent an: mit der arthroskopischen Kamera kann der gesamte Gelenkinnenraum eingesehen werden. Mit Mikroinstrumenten wird dann das Gelenk auf die Transplantataufnahme vorbereitet. Auf eine Öffnung des Gelenkes mit einem entsprechend großen Hautschnitt wird komplett verzichtet, lediglich zwei kleine Stiche sind für die arthroskopische Operation. Ein weiterer kleiner Schnitt ist für die Transplantatentnahme notwendig.
Dann wird das entsprechende Transplantat (STS, STGS, BTB) entnommen und speziell für die Implantation vorbereitet. Mit speziell dafür entwickelten Präzisionsinstrumenten wird eine anatomisch exakte Platzierung des Transplantats ermöglicht. Ein korrektes operatives Vorgehen erfordert ein Höchstmaß an Erfahrung. Deshalb kann ein solcher Eingriff in spezialisierten Zentren routinierter und mit besseren Erfolgsaussichten vorgenommen werden.
Die feste Fixation des Kreuzband-Ersatzes an den Knochen ist einer der Hauptfaktoren, der die Stabilität und somit den Erfolg der vorderen Kreuzbandplastik insbesondere in der unmittelbar postoperativen Phase bestimmt. Sämtliche Limitierungen der postoperativen Rehabilitation sind mehr durch die Stärke der Fixation, als durch die Reißfestigkeit des Transplantats bestimmt. Im Alfried Krupp Krankenhaus werden nur moderne Fixationsmethoden mit hoher biomechanischer Ausreißkraft verwendet, welche unabhängig vom Transplantat eine frühfunktionelle Mobilisierung ermöglichen. Zur Fixation der Kniekehlensehnentransplantate (STS, STGS) werden im Alfried Krupp Krankenhaus vorzüglich bioresorbierbare Verankerungsstifte verwendet, die der Körper nach Einheilung ganz langsam wieder abbaut. Sie gewährleisten eine gelenknahe feste Verankerung und gleichzeitig ein Pressen des Transplantates gegen die Wände der Knochenkanäle, um so eine schnelle Einheilung am Knochen zu ermöglichen.
Als international anerkannte Standardmethode zur Fixation des Patellarsehnentransplantats gilt immer noch die mit Interferenzschrauben (beschrieben von Herrn Kurosaka 1987). Oft können auch hier bioresorbierbare Schrauben eingesetzt werden, die der Körper nach Einheilung ganz langsam wieder abbaut. Gelegentlich kann durch Anwendung der sogenannten Press-fit-Methode (Verklemmung des Knochenblocks im Bohrkanal) auf eine Schraube verzichtet werden. Mittlerweile gibt es zahlreiche Fixationsmethoden mit noch höherer primärer Ausreißkraft, welche unabhängig vom Transplantat eine schnelle und zügige Rehabilitation für den Sportler erlauben.
Zusammenfassend hat jedes Transplantat und jede Fixationsmethode seine Vor- und Nachteile. Letztlich muss vom erfahrenen Operateur individuell entschieden werden, welches Material am besten für den jeweiligen Patienten geeignet ist. Als Tendenz deutet sich jedoch in der Literatur an, dass Patienten, die eine kniende Tätigkeit ausüben oder unter Schmerzen im Kniescheibenbereich leiden, eher mit der Kniekehlensehne als mit einer Patellarsehne versorgt werden sollten. Die zu erwartenden Langzeitergebnisse sind für alle Verfahren vergleichbar. Spendersehnen sind nur sehr begrenzt verfügbar und werden deshalb meistens nur noch bei multiplen komplexen Bandverletzungen und Reoperationen verwendet. Kunststoffbänder haben sich langfristig nicht bewährt.
Wie lange müssen Sie im Krankenhaus bleiben?
Der Aufenthalt richtet sich nach der Art des Eingriffes und eventuellen Begleitverletzungen. Selten wird eine vordere Kreuzbandersatzoperation ambulant oder kurzstationär durchgeführt. Das bedeutet, Sie kommen kurz vor der Operation in unser Krankenhaus und werden nach der Operation am selben Tag oder nach einer Nacht wieder nach Hause entlassen. Je nach notwändigem Operationsverfahren kann sich aber auch eine mehrtägige stationäre Behandlung anschließen. Voraussetzung für eine ambulante Operation ist eine sichergestellte Versorgung zu Hause durch Angehörige oder Freunde. Die Leistungsfähigkeit beeinträchtigende Vorerkrankungen sollten nicht vorliegen und selbstverständlich sollte die Nachbehandlung durch ihren Hausarzt gesichert sein. Meist ist ein stationärer Aufenthalt von drei bis fünf Tagen erforderlich.Die Vorbereitung auf die Operation erfolgt einige Tage vorher und beinhaltet neben der Untersuchung, der Aufklärung über die Operation, dem Anfertigen neuer Röntgenbilder und der Laborkontrolle auch das Gespräch mit dem Narkosearzt.
Wie sieht die Nachbehandlung aus?
Nach der Operation ist eine krankengymnastische Übungsbehandlung mit Bewegungsübungen, Muskelkräftigung und Gangschulung nach einem speziellen Nachbehandlungsplan besonders wichtig. So lange keine Vollbelastung erlaubt ist, muss eine Thrombosephylaxe mittels Heparinspritzen erfolgen. Die verordnete Knieorthese (Schiene) lässt Bewegungen des Kniegelenkes meist zwischen 0° und 90° zu und dient in den ersten sechs Wochen dem Schutz des Transplantates und einer schnellen Einheilung. Die modernen Fixationstechniken erlauben eine schnelle Aufnahme der Belastung und Rückkehr zu Alltagtätigkeiten. Dennoch weiß man, dass die endgültige Ausheilung des Transplantates mit Einsprossen von Gefäßen und entsprechender Festigkeit erst nach circa einem Jahr abgeschlossen ist. Kreuzbandgefährdende Sportarten wie zum Beispiel Fußball oder Skifahren sollten deshalb erst nach einem Jahr wieder voll ausgeführt werden. Ansonsten spricht nichts gegen eine Wiederaufnahme der sportlichen Tätigkeit. Der Zeitpunkt sollte mit dem weiterbehandelnden Orthopäden abgesprochen werden.