Die Sialorrhoe (vermehrte Speichelmengen im Mund, zum Teil mit Austreten aus dem Mund, tritt mit Auftreten einer Schluckstörung auf (Unfähigkeit, den produzierten Speichel zu schlucken) und belastet die Patienten häufig sehr stark. Neben der gesundheitlichen Gefährdung durch Aspiration des Speichels führt der Speichelverlust aus dem Mund zu einer deutlichen Beeinträchtigung der Lebensqualität. Aus palliativmedizinischer Sicht ist die Behandlung der Sialorrhoe daher in der Regel indiziert und wichtig.
Von der Sialorrhoe zu unterscheiden sind jedoch die Eindickung des Schleimes und eine vermehrte Bronchialsekretion sowie eine Störung des Abhustens durch eine Schwäche der Atem- und Atemhilfsmuskulatur.
Verschiedene Medikamente, die die Speichelproduktion hemmen, stehen zur Verfügung. In der Regel erfolgt die Behandlung mit Amitriptylin (z.B. Saroten®), da es bei diesem Antidepressivum zu einer ausgesprochenen Mundtrockenheit als Nebenwirkung kommt (anti-cholinerger Effekt). Zu Beginn erfolgt eine abendliche orale Einnahme von 10 bis 25 mg/ Tag. In der Folge kann die abendliche Dosis auf 75 mg gesteigert werden und eine morgendliche Gabe ergänzt werden. Alternativ oder in Kombination erfolgt die Behandlung mit einem Scopolamin-Pflaster (z.B. Scopoderm TTS®) oder Atropin (z.B. Tropfen, Atropin sulfuricum AWD Tabletten®). Vor einer entsprechenden Behandlung sollte die Absprache mit dem Hausarzt und eine EKG-Untersuchung erfolgen.
Bei unzureichender Wirkung insbesondere im Verlauf der Erkrankung kann als Alternative oder als Ergänzung der oralen Medikation eine lokale Applikation von Botulinumtoxin Typ A (BoNT-A: Dysport®, Botox® oder Xeomin®) in die Speicheldrüsen gegeben werden. Hierzu erfolgt eine ultraschallgesteuerte Injektion in die Ohrspeicheldrüse (Glandula parotis) sowie in die Speicheldrüse unterhalb des Unterkiefers (Glandula submandibularis). Diese chemische Denervierung der Speicheldrüsen führt zu einer Verringerung der Speichelproduktion für etwa drei bis vier Monate. Auf Grund der Möglichkeit einer Schwächung auch der Kau- und Schluckmuskulatur sollte eine Behandlung nur bei ausreichender Erfahrung des behandelnden Arztes nach ausführlicher Aufklärung der Patienten durchgeführt werden. Darüberhinaus muss vor der ersten Behandlung eine Kostenzusage des Kostenträgers vorliegen, da es sich um einen „Off-label-use“ handelt. Insgesamt steht aber mit der lokalen BoNT-Injektion eine sehr wirkungsvolle und nebenwirkungsarme Therapie zur Verfügung. Eine Behandlung ist lediglich drei bis viermal im Jahr erforderlich.
Eine Strahlentherapie der Ohrspeicheldrüse führen wir immer häufiger in Kooperation mit bestimmten Praxen und Fachabteilungen durch. Hierbei kommt es, im Gegensatz zur BoNT-Injektion, zu einer endgültige Schädigung der Speicheldrüsen mit abgestufter Reduktion der Speichelproduktion. Mittlerweile liegen ausreichende Daten über diese Therapie vor, so dass die Strahlentherapie eine etablierte Behandlungsmethode zur Reduktion des Speichelflusses bei der Amyotrophen Lateralsklerose darstellt und sowohl von der Deutschen Fachgesellschaft der Neurologen als auch der Strahlentherapeuten empfohlen wird.
Eindickung von Schleim, vermehrte Bronchialsekretion
N-Acetylcystein (z.B. ACC®) oder Ambroxol (z.B. Mucosolvan®) wird häufig eingesetzt, um insbesondere das Bronchialsekret zu verflüssigen und ein Abhusten zu ermöglichen. Entscheidend ist jedoch, auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr zu achten. Auch eine inhalative Therapie eventuell auch mit Sekretolytika, (z.B. Mucosolvan®, Bromhexin-Inhalat®) kann durchgeführt werden.
Vermindertes Abhusten
Bei zusätzlicher Muskelschwäche der Atem- und damit auch der „Husten“-Muskulatur mit deutlicher Einschränkung des Abhustens (Vitalkapazität auf weniger als 50 Prozent vermindert) sollte die Indikation zur Versorgung mit einem Husten-Unterstützer (z.B. Cough-Assist® der Fa Heinen und Löwenstein) gestellt werden. Zusätzlich kann eine „Schüttelmassage“ des Brustkorbes z.B. mittels Vibrax® besser aber durch eine sogenannte Schüttelweste erfolgen.
Parallel sollte eine Atemtherapie mit „forciertem Sekrtemanagement“ erfolgen.