Digitales Arbeiten: Meilenstein in Sichtweite
Fünf Stationen sind noch umzustellen, sagt Silke Hoppe, dann sei die Mammutaufgabe im Grundsatz bewältigt. „Froh und stolz“, ist die IT-Leiterin, aber jetzt bereits, dass die 2017 begonnene digitale Dokumentation auf allen Stationen schon so weit fortgeschritten ist. Der Prozess hin zu einem papierlosen Krankenhaus, nicht nur in den Augen der IT-Expertin ein „gigantisches Projekt. Mit der Digitalisierung aller Stationen ist, wenn nichts dazwischenkommt, in den nächsten Sommerferien ein wichtiger Meilenstein erreicht.
Das Projekt war und ist nicht weniger als eine kühne Herausforderung an die Ärzte, Pflegedienst und überhaupt alle Mitarbeiter des Alfried Krupp Krankenhaus. Es sei ein „aufregender und aufwändiger Weg“ gewesen bisher, sagt Marcel Brockmann, stellvertretende Leitende Pflegefachkraft der Ebenen vier und fünf in Essen-Steele. Zum Teil seien „die Mitarbeiter sogar in ihrer Freizeit gekommen“, um sich vertraut zu machen mit der digitalen Krankenakte. Vorbehalte gegenüber dem neuen System waren zu Anfang nicht selten, schließlich möchte kaum jemand auf den gewohnten und damit vertrauten Arbeitsablauf verzichten. Ablehnung oder Skepsis ist häufig die verständliche erste Reaktion auf eine umwälzende technische Neuerung.
„Es gab anfangs unter den Ärzten die klare Meinung, dass die Eingabe ins digitale System eine Belastung ist“, sagt Christoph Edel, Oberarzt in der Kardiologie und Mitglied des Projektteams. Es war also hier und dort Überzeugungsarbeit zu leisten. „Für die Ärzte“, räumt Silke Hoppe ein, gebe es zwar einen erhöhten Zeitaufwand bei der Dokumentation und Medikamentenverordnung“, qualitativ sei aber die digitale, SAP-basierte Krankenakte ein „Quantensprung“.
Der qualitative Quantensprung ist einfach zu benennen. So wird, sagt Nina Heymann (Stationsleitung 7c), im digitalen Zeitalter „die Patientensicherheit bei den Medikamenten gesteigert“, außerdem habe man die Dokumentationssicherheit erhöhen können, und „die Verfügbarkeit der Daten ist jederzeit gewährleistet“, betont Pflegedirektor Dr. rer. medic. Dirk Ashauer. Krankheits- und Behandlungsverlauf, sämtliche Vitaldaten, Diagnosen und Therapien sind von Ärzten und Pflegekräften jederzeit abrufbar. Vorbei sind die Zeiten, in denen nach Patientenakten in den Abteilungen beinahe gefahndet werden musste und im Erfolgsfall schließlich noch, „ein Graphologe“ zu Rate gezogen werden musste, um die handschriftlichen und schwer lesbaren Anmerkungen zu entziffern.
Bereits jetzt, ein halbes Jahr bevor auch alle Stationen in Rüttenscheid mit Kardex Digital arbeiten werden, zollt Dr. rer. medic. Dirk Ashauer dem Projektteam ein großes Lob. „Das Kardex-Team und die EDV haben einen Superjob gemacht, die Begleitung auf den Stationen hat gut geklappt“, sagt der Pflegedirektor. Damit gemeint sind neben der IT auch fünf Mitarbeiterinnen des Pflegedienstes, die derzeit zum Kardex Digital Team zählen. Das Kardex Digital Team schult die Mitarbeiter und begleitet in der Regel für zwei Wochen den Start des Programmes auf der jeweiligen Station. Mit ihrer Anwesenheit und Unterstützung, sagt Patrizia Möckel, „verhindern wir auch, dass sich Frust aufbaut“.
Das Kardex-Team wird wohl auch dann noch gebraucht, wenn auch alle Rüttenscheider Stationen digital arbeiten. „Es ist ein lebendes System und damit anpassbar. Es kann mitwachsen mit Therapie- und Anwendungsänderungen“, sagt Patrizia Möckel, die nach mehr als 25 Jahren in der Pflege etwas „Neues“ machen wollte und sagt: „Ich lerne noch jeden Tag dazu.“ Arbeit wird es also weiterhin genug geben, so müssen jeden Monat die neuen Mitarbeiter geschult werden, auch gibt es bereits „Refresher-Schulungen“ zur Auffrischung der Kenntnisse. Das Kardex-Team, für Nina Heymann „sehr gute Ansprechpartner“, ist zudem so etwas wie eine schnelle Eingreiftruppe. Patrizia Möckel: „Wir haben eine Hotline unabhängig von der EDV.“
Patricia Möckel spricht auch von „vielen Feldern, die noch nicht bearbeitet sind“. Schließlich habe die Umstellung, sagt IT-Chefin Silke Hoppe, „Auswirkungen auf alle Funktionsbereiche, man unterschätzt das anfangs ein wenig“. So gebe es noch keine digitale Übernahme der Medikation beim Wechsel eines Patienten von der Notaufnahme auf eine Station. Auch habe die Intensivstation wegen der Überwachungsgeräte einen anderen technischen Schwerpunkt. Dr. rer. medic. Dirk Ashauer räumt ein, dass man derzeit mit drei Programmen arbeite und die „Anmeldung im System noch umständlich ist, da gibt es modernere Verfahren“. Es gebe eine „Wunschliste“, basierend auf den Anregungen der Mitarbeiter, die „nicht auf einmal abgearbeitet“ werden könne. Darauf stehen zum Beispiel die Themen Spracherkennung sowie die Freitexteingabe. Eine Aufgabe für die Zukunft.
„Nicht im Affenzahn“ losgestürmt sei man bei der Implementierung von Kardex Digital, sondern „Schritt für Schritt“, lobt im Rückblick Oberarzt Dr. med. Christoph Edel. Und bald sei man vielen eine Nasenlänge voraus, betont IT-Chefin Silke Hoppe: „Es gibt noch nicht viele Krankenhäuser, die komplett umgestellt haben.“
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